Förderschule Neuburg 1976

Im November 1971 reifte im Kreisvorstand unter Leitung von Gerhard Nebinger der Plan zur Errichtung einer Schule für geistig behinderte Kinder. Auch der Bezirksverband konnte für das Projekt, das erste im Rahmen der bayerischen Arbeiterwohlfahrt auf diesem Gebiet, gewonnen werden. Unterstützung fanden sie bei Dr. Johannes Kerscher, dem Leiter des staatlichen Gesundheitsamtes, der sich schon lange zuvor vehement für ein derartiges Vorhaben eingesetzt hatte und so sicher einer der "geistigen Väter" einer solchen Schule war.

Konzipiert wurde die Bildungseinrichtung als private Schule mit schulvorbereitender Einrichtung und Berufsgrundschuljahr mit den schwerpunktartigen Ausbildungszielen Selbständigkeit, Kontaktaufnahme und Mobilitätstraining besonders mittels Sprach-, Beschäftigungs-, Musik-, Bewegungs- und Spieltherapie.

Die ehemalige Hauswirtschaftsschule wurde ab Juli 1972 in eine Förderschule umgebaut. Zugleich begann man, den zweiten Stock als Fünf-Tage-Heim mit einer Kapazität von 20 Plätzen in zehn Zweibettzimmern einzurichten. Der Schulbetrieb konnte bereits zu Schuljahrsbeginn am 19. September 1972 zunächst in den Räumen der Sonderschule für Lernbehinderte in der Franziskanerstraße aufgenommen werden. Die Schule zog am 1. Dezember 1972 in die Joseph-Haydn-Straße 14 um. Dank der Unterstützung durch den Bezirksverband und der zügigen Mithilfe von Kirchen und Behörden konnte an diesem Tag das Förderzentrum mit schulvorbereitender Einrichtung und einem Berufsgrundschuljahr für 45 geistig behinderte Kinder sowie eine Tagesstätte eröffnet werden. Die Einrichtung wurde später nach der Widerständlerin Sophie Scholl benannt. Ihr Einzugsgebiet umfasste den Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Den Bus für den Schulweg der Kinder hatte die Aktion Sorgenkind gestiftet.

Am 1. Oktober 1974 konnte das Fünf-Tage-Heim eröffnet werden. Es bot die Möglichkeit auch während des werktäglichen Schulbetriebs in der Einrichtung zu übernachten. Die Arbeiterwohlfahrt Schwaben plante zu dieser Zeit bereits eine Schulerweiterung mit Mehrzweck-Pausenhalle, Werk- und Handarbeitsräumen, Lehrküche, Turnhalle sowie Hallenbad. Dank der Übernachtungsmöglichkeit reichte der Einzugsbereich des neuen Zentrums weit über Neuburg und das Umland hinaus. Selbst aus den Randbereichen von Ingolstadt und Eichstätt kamen einige der knapp 70 Schüler.

Im Gegensatz zu anderen Orten wurde das inzwischen entstandene Zentrum für behinderte Kinder von den Nachbarn und der Bevölkerung akzeptiert. Das zeigte sich auch daran, dass 1975 erstmals 18 behinderte Schüler in den Sommerferien im Rahmen des Kindererholungsprogramms der Arbeiterwohlfahrt gemeinsam mit den anderen Neuburger Kindern zur Erholung nach Terenten in Südtirol fahren konnten.

Begleitend zur Förderung von Behinderten war im Rahmen des Kindergartenprojekts am 14. November 1972 durch Initiative von Eltern ein Verein zur vorschulischen Frühförderung von Kindern mit dem Ziel der Hilfe zur Selbsthilfe ins Leben gerufen worden. Der selbständige Verein wurde korporatives Mitglied der Arbeiterwohlfahrt. Jedoch erst im "Jahr des Kindes" konnte am 15. Mai 1979 in den Räumen der von der Kongregation der Elisabetherinnen getragenen Neuburger Kinderklinik St. Elisabeth (Bahnhofstraße B 104) eine eigene Station zur Früherkennung und Frühförderung von Kindern, die während der ersten Lebensjahre in ihrer psychischen, emotionalen, kognitiven, sprachlichen oder sozialen Entwicklung Auffälligkeiten zeigen, ihre Arbeit unter der Leitung von Xenia Klammer aufnehmen. Träger dieser Station war der Bezirksverband Schwaben. In Zusammenarbeit mit den Ordensschwestern, Kinder- und Fachärzten, Gesundheits- und Jugendämtern sowie Beratungsstellen umfasste das mit der Station verbundene kostenlose Hilfsangebot Beratung, medizinische, orthopädische, psychologische und pädagogische Förderung und Anleitung sowie Weitervermittlung an weiterführende Einrichtungen. Der Einzugsbereich war nicht nur Stadt und Altlandkreis Neuburg an der Donau, sondern auch das weitere Umland bis Pfaffenhofen, Ingolstadt, Eichstätt, Donau-Ries und Weißenburg.

 

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