Gründungsversammlung des Ortsvereins Gerlenhofen 1952

Diese Chronik des Ortsvereins Gerlenhofen speist sich weitgehend aus dem Festschrifttext von 2002. Ulrich Seitz schrieb dort: Von wem letztlich die zündende Initiative ausging, wer mithalf, liegt bereits im Dunkel. Doch trafen sich am 21. Juni 1952 27 Frauen und Männer im Saal des Gasthofs „Hirsch", zur Gründungsversammlung. Robert Böser wurde zum Ersten Vorsitzenden gewählt. Helfen wollte man „aus dem Geiste des freiheitlichen demokratischen Sozialismus, der Solidarität" heraus, in Selbsthilfe „Wohlfahrtspflege" betreiben. So lässt es der alte Satzungstext wissen. Der Verein wächst rasch.

Mit dem Erlös eines bunten Tanzabends gelang es erstmals sieben Kinder und drei Mütter zur Erholung zu schicken. Lebensmittel in CARE-Paketen wurden ausgegeben. Mit Wald- und Kinderfest und der Weihnachtsfeier entstand ein Stück neues gesellschaftliches Leben am Ort. Ende 1953 war die Arbeiterwohlfahrt auf 76 Mitglieder, überwiegend Heimatvertriebene, angewachsen.

Bereits im Mai 1955 eröffnete der vom Bezirksverband Schwaben der Arbeiterwohlfahrt getragene Kindergarten mit Jugend- bzw. Ledigenwohnheim, heute „Geroldstraße 11". Zusätzliche Sozialwohnungen entstanden als Anbau. Auch die Gemeinde unterstützte das Projekt, überließ der Arbeiterwohlfahrt das Grundstück und gab ein Darlehen aus. Damals war das Kleinstwohnheim ein Modellvorhaben. Unter dem Motto „Erzieherisch die Ideallösung – finanziell ein Experiment“ sollte die Berufsausbildung unter anderem von Kriegswaisen und Vertriebenen im „Familienverband“ ermöglicht und gefördert werden. Auch Kinderbetreuung im noch landwirtschaftlich geprägten Gerlenhofen stellte eine Neuerung dar.

Was rasch erfolgreich gewachsen war, zerbrach bald im Streit. Die Arbeit kam zum Erliegen. Doch der Keim war gelegt. Bezirksgeschäftsführer Steinhauer leistete Hilfe. In der Versammlung zur Wiedergründung am 26. Juli 1956 versprach der neue Vorsitzende Josef Müller vor 17 Anwesenden „die alten Zustände nicht mehr einreißen zu lassen". Gemeinsam setzte man auf mäßiges Wachstum und stürzte sich in die Arbeit. Schon ein Jahr später hatte sich die Mitgliederzahl verdoppelt. Mit Rudolf Babutzka trat dann, am 9. November 1957, ein Mann an die Spitze, der die Arbeit am Ort 17 Jahre lang prägte. Ihm folgte Josef Schröpfer, der den Ortsverein von 1975 bis 1986 als Erster Vorsitzender leitete. Die Arbeiterwohlfahrt Gerlenhofen entwickelte sich zu einer schlagkräftigen Selbsthilfeorganisation, praktizierte Volkswohlfahrt im Kleinen und wurde zu einem bestimmenden Faktor im soziokulturellen Leben der Gemeinde. Nach der Eingemeindung Gerlenhofens in die Stadt Neu-Ulm gliederte sich auch der Ortsverein in den Kreisverband Neu-Ulm Stadt ein.

Ehrungen 1977. Auf den Bild stehend von links nach rechts: Albert König, Maria Dukek, Gustav Müller, Josef Schröpfer, Reinhold Kastner, Jakob Gebhart, Rudolf Babutzka, Ludwig Traub, sitzend: Josef Gutzer

Vielfältig waren die Aktivitäten. Ausgerichtet auf die Bedürfnisse des Alltags unterlagen sie stetigem Wandel. So trat mit zunehmendem Wohlstand die Linderung allgemeiner unmittelbarer Not in den Hintergrund zugunsten konkreter Zielgruppenarbeit, gerichtet auf Kinder, Mütter und Senioren. War es in den Anfängen noch die Verteilung von Lebensmitteln, bildete sich in der Verschickung von Kindern und Müttern zur Erholung ins Allgäu, später nach Südtirol, ein Schwerpunkt. Zurück bis in die Anfänge geht auch das Sommer- und Kinderfest, viele Jahre auch mit buntem Festumzug, das anfangs im Garten des Kindergartens, dann der Bahnhofsgaststätte und darauf beim Musikerheim gefeiert wurde. Kinder vergnügten sich seit 1958 alljährlich auch auf dem inzwischen traditionellen Kinderfasching. Legendär hierzu die Faschingsumzüge der 1960er Jahre, die Musikkapelle voraus.

Die Dorfgemeinschaft hat sich verändert. Der Ort war zwischen 1973 und 1983 um 1000 Einwohner gewachsen. So platzte der Kindergarten an der „Geroldstraße" aus allen Nähten. Schnell wurde gehandelt. Im Zusammenwirken von Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband und Stadt Neu-Ulm konnte bereits am 2. Dezember 1980 am Teutonenweg ein neuer dreigruppiger Kindergarten eröffnet werden.

Jährliche „Altenfeiern" mit Programm, Gratisverköstigung, Musik und Tanz gehörten schon seit 1953 zum festen Angebot, genauso wie seit 1962 der Weihnachtsbesuch bei Mitbürgerinnen und Mitbürgern über 80 Jahren. Dann, am 9. Dezember 1979, organisierte sich die Seniorenarbeit zu einem guten Teil selbst. 41 Gründungsmitglieder hoben den „Arbeiterwohlfahrt Seniorenclub" aus der Taufe. Der Club organisierte unter anderem das Mitmachen nicht nur der Senioren bei Kaffeerunden, Spiel- und Bastelnachmittagen, dem „Preisschafkopf" oder dem „Altenfasching" mit Kostümierung, den es bereits seit 1964 gibt.

Die Frauenarbeit der Arbeiterwohlfahrt begann als Folge der Kinderverschickung bereits in den 1950ern. Fanden mitreisende Mütter doch oftmals nach Jahren wieder Gelegenheit, den Alltag hinter sich zu lassen. Selbstentfaltung boten die ab 1973 zwei Mal jährlich stattfindenden Nähkurse, für die der Ortsverein auch Nähmaschinen bereitstellte. Der Laufsteg dazu stand in der Mehrzweckhalle, wo Gerlenhofer Damenmode als „Kleiderschau", z.B. beim „Herbstabend der Vereine", immer ein viel beachteter Programmteil war.

 

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