Alois Strohmayr

In den 1950er Jahren konnte die Arbeiterwohlfahrt ihren Aufbau zur Wohlfahrtsorganisation nahezu abschließen. Im Regierungsbezirk Schwaben bestand ein in den Landesverband Bayern eingebundener Bezirksverband und entsprechend der staatlichen Kreisstruktur waren flächendeckend Kreisverbände eingerichtet. Ein Netz von Ortsvereinen und Stützpunkten spannte sich bald über das in dieser Zeit noch weitgehend landwirtschaftlich strukturierte Schwaben. Am Aufbau der Arbeiterwohlfahrt vor allem in ländlichen Gebieten hatten Heimatvertriebene einen großen Anteil.

Mädchenwohnheim in Neuburg

Im ersten Jahrzehnt nach 1950 errichtete und betrieb der Bezirksverband Wohnheime für Auszubildende, "Ledige" und Berufstätige, soweit es seine finanziellen Möglichkeiten zuließen. Vor dem Hintergrund der akuten Wohnungsknappheit war damit die Absicht verbunden, besonders auswärtigen Jugendlichen eine Unterkunft an ihrem Arbeitsort zu geben. Die Errichtung erfolgte auch auf Anregung der örtlichen Arbeitsämter:

Hauswirtschaftsgrundlehrgang im Wohnheim Stadtbergen 1960

Der Bezirksverband Schwaben eröffnete das Jugend- und Ledigen-Wohnheim Stadtbergen 1951. Das Wohnheim sollte in Zeiten der akuten Wohnungsknappheit auswärtigen Jugendlichen eine Unterkunft an ihrem Arbeitsort geben. Daneben diente das Haus dazu, für Mädchen nach dem Besuch der Schule hauswirtschaftliche Grundlehrgänge abzuhalten. Dazu baute der Bezirk die nötigen Einrichtungen wie Lehrküche und Unterrichtsräume ein. Zunächst standen 100 Heimplätze für 16-18 jährige berufstätige Frauen und für 14-16jährige Schülerinnen der Hauswirtschaftskurse zur Verfügung.

Die Arbeiterwohlfahrt bemühte sich im Heim eine behagliche und familiäre Atmosphäre für die Jugendlichen zu schaffen. Die Einrichtung war mit der schwäbischen Bezirksverwaltung der Arbeiterwohlfahrt, die im Gebäude untergebracht war, verbunden. Die Räumlichkeiten wurden zeitweise auch vom Ortsverein Stadtbergen und der Kreisverwaltung Augsburg Land genutzt.

Altenheim Krumbach

Schon in der Gründungsphase des Verbandes versuchte die Arbeiterwohlfahrt Unterkünfte für alte Menschen zu schaffen. Der Bedarf war aufgrund der Kriegsfolgen und des Zuzugs einer großen Zahl von Heimatvertriebenen hoch. Zunächst war es wegen noch mangelnder finanzieller Mittel nur möglich, Altenheime in bestehenden Gebäuden provisorisch einzurichten. Heime wurden in Klosterlechfeld (bis 1952), Niederraunau (bis 1955), Mickhausen (1949 bis 1953) und Hainhofen (Juni 1948 bis 1964) betrieben, die beiden letztgenannten in der Trägerschaft des Kreisverbands Augsburg Stadt. Ab 1952 konnte der Bezirksverband unter erheblichen Anstrengungen mit Eigenmitteln und öffentlicher Förderung neue Altenheime bauen und in eigener Trägerschaft betreiben:

Altenerholungsheim Legau des Bezirksverbands Schwaben

Mit Unterstützung des Bezirksverbands betreuten vor allem die Kreisverbände und Ortsvereine die älteren Menschen. Dazu wurden Seniorenclubs, teilweise mit eigenen Clubräumen, und Begegnungsstätten geschaffen, oft in Anlehnung an ein Altenheim des Bezirks. Hinzu kamen Beratungsstellen und später die Sozialstationen des Bezirksverbandes. Im Rahmen der sozialen Dienste für Senioren wurden an einigen Orten Friseur- und Fußpflegedienste, Schwimm- und Gymnastikkurse und andere Veranstaltungen angeboten. Insbesondere für ältere Menschen galt auch das Angebot "Essen auf Rädern".

Ältere konnten sich auch in Heimen der Arbeiterwohlfahrt erholen. In Schwaben organisierte die Arbeiterwohlfahrt Erholungsmaßnahmen vor allem im Bergheim Scheffau, in der "Wertachau" bei Pforzen und im Altenerholungsheim Legau.

Das 100.000 "Essen auf Rädern" wird in Neuburg ausgeliefert

Zusätzlich zum Betrieb der Alten- und Pflegeheime und der offenen Altenhilfe engagierte sich der Bezirksverband ab den 1970er Jahren in der ambulanten Betreuung und Pflege von älteren Menschen und Behinderten. Dazu baute er teilweise zusammen mit den Gliederungen vor Ort Sozialstationen und Mobile Hilfsdienste auf. Im Jahr 1974 richtete der Bezirksverband zunächst als Modellversuch in Höchstädt a.d. Donau, dann auch in Kaufbeuren-Neugablonz Sozialstationen ein.

Die Aktion "Essen auf Rädern" wurde ebenfalls ab Mitte der siebziger Jahre unter anderem in Höchstädt a. d. Donau, Kaufbeuren, Kempten, Krumbach und Neuburg a. d. Donau eingeführt. Der Dienst war zumeist an die Küchen der jeweiligen Altenheime angebunden und wurde mit den jeweiligen Kreisverbänden organisiert.

Im Jahr 1963 hatten sich die Landesverbände Bayern und Baden-Württemberg zusammen mit Arbeitsämtern und den beiden Bundesländern entschlossen, in Augsburg eine Ausbildungsstätte für Altenpflegerinnen einzurichten, der einzigen der Arbeiterwohlfahrt in Bayern zu diesem Zeitpunkt. Grund dafür war der Pflegepersonalmangel, einerseits in Altenheimen, andererseits in den eigenen Altenklubs, die bayernweit im raschen Aufbau begriffen waren. Am 1. April 1964 begann der Kursbetrieb im Altenheim in Göggingen mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten. Die Kursdauer wurde wenig später auf ein Jahr ausgedehnt. Nachdem die Urologische Klinik umgebaut worden war, konnte hier der zweite Lehrgang unter der Leitung von Agnes Wolfien angeboten werden. Nach dem dritten Kurs wurde die Schule 1966 nach München verlegt.

Kindergarten Göggingen

Neben den Einrichtungen für Seniorinnen und Senioren schuf der Bezirksverband Einrichtungen im Bereich der Kinder- und Jugendfürsorge. Kindergärten und Horte wurden aufgebaut und in der Trägerschaft des Bezirksverbandes in Zusammenarbeit mit den örtlichen Gliederungen der Arbeiterwohlfahrt und der Gemeinden betrieben.

Neben den unten aufgelisteten Einrichtungen unterhielt die Arbeiterwohlfahrt Schwaben in den 1960er Jahren zeitweise auch Kindergärten in Burgheim (Donau), Deuringen und Langweid-Foret. Die Trägerschaft des Kindergartens in Asbach-Bäumenheim endete Ende der 1970er Jahre.

Bruneck 1968 - Kinder aus Marktoberdorf in der Ferienerholung in Südtirol

Erholungsmaßnahmen für Kinder, Jugendliche, Mütter und Senioren bildeten von Beginn an einen Arbeitsschwerpunkt der Arbeiterwohlfahrt. Die Anfänge waren bescheiden: So konnten 1950 aus ganz Schwaben 16 Frauen, acht Männer und 12 Mütter zur Erholung geschickt werden. Im Jahr 1951 waren es allein schon 213 Kinder, die im Bergheim Rechtis des Kreisverbandes Kempten und im Kinderheim Schwangau Ferienerholungen genossen. Zudem gab es Angebote für Kinder in  Naturfreunde-Häusern sowie zur Stadtranderholung, beispielsweise im von der Augsburger Arbeiterwohlfahrt gepachteten Karl-Hübsch-Haus in Biburg. In den folgenden Jahren stellten die Kreisverbände und der Bezirksverband in Schwaben neben den genannten das Clemens-Högg-Haus in Mickhausen, das Schloss Niederraunau, das Erholungsheim Legau, das Bergheim Scheffau und das Ferienheim Wertachau bei Pforzen für Erholungsaufenthalte vor allem für Kinder aber auch für Seniorinnen und Senioren zur Verfügung.

1968 konnte der Bezirksverband in Augsburg ein Betreuungszentrum für türkische Arbeitnehmer eröffnen. Ebenfalls in Augsburg wurde im Jahr 1970 ein Betreuungszentrum für jugoslawische Arbeitnehmer eingerichtet und beide Zentren mit je einer hauptamtlichen Kraft besetzt. Ab 1970 betrieb der Bezirksverband gleichartige Einrichtungen in Kempten. Ende der 1970er Jahre übernahm der Landesverband die Beratungsstellen, dem Bezirksverband Schwaben wurde die Dienstaufsicht übertragen. In Abstimmung mit den anderen Verbänden kümmerte sich die Arbeiterwohlfahrt um die Betreuung von Arbeitskräften aus der Türkei und dem damaligen Jugoslawien. Die Arbeitsmigranten aus den beiden Ländern bildeten in Schwaben die zahlenmäßig größten Zuwanderergruppen. Ende der 1970er Jahre traten die Probleme der nunmehr zweiten Generation der Zuwanderer in den Vordergrund der Arbeit der Sozialbetreuer.

Urologische Klinik Augsburg Frischstraße

Von 1953 an betrieb der Bezirksverband eine Urologische Klinik in Augsburg (Frischstraße 34). Ausgangspunkt war ein vom Kreisverband Augsburg-Stadt am Standort geplantes Altenheim, dessen Zweckbestimmung nach Baubeginn in die einer Urologischen Klinik mit geplanten 80 Betten geändert wurde. Spätestens im Juni 1953 wurde die bereits in Bau befindliche Klinik an den Bezirksverband abgegeben. Dem Projekt war auch eine Entbindungsstation angegliedert, die separat von der Stadt Augsburg bezuschusst wurde. Aus wirtschaftlichen Erwägungen schloss der Bezirksverband die Station Ende 1963. Bis dahin hatten rund 800 Frauen pro Jahr in der Entbindungsstation Kinder zur Welt gebracht. Die Urologische Fachklinik wurde daraufhin umgebaut und erweitert. Der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Schwaben beauftragte dafür das Stadtberger Architekturbüro Alois Strohmayr.

Fachklinik Schönau

Bereits 1950 erklärte der Bezirksvorsitzende Franz Xaver Sennefelder das Arbeitsfeld Suchtkrankheiten zu einem der künftigen Schwerpunkte: „In der näch­sten Zeit will sich die Arbeiterwohlfahrt mit der Fürsorge für Suchtgefährdete befassen. Sie denkt dabei zunächst an die Betreuung der vernachlässigten Familien und möchte auch versuchen, Trunk- und Rauschgiftsüchtige wieder auf den rechten Weg zu bringen.“ Dieser Ansatz mündete in den Aufbau und Betrieb der Fachkliniken Schönau 1973 und Legau 1977 durch den Bezirksverband.