Am 13. Dezember 1919 wurde die Arbeiterwohlfahrt als Hilfsorganisation gegen die Nachkriegsnot gegründet. Sie war in der Sozialdemokratischen Partei zunächst als Hauptausschuss für Wohlfahrtspflege integriert. 1920 wurde auch die Bezeichnung "Arbeiterwohlfahrt" geprägt. Die treibende Kraft bei der Gründung der Arbeiterwohlfahrt war die Leiterin des Frauensekretariats beim Parteivorstand der SPD, Marie Juchacz.

Die Arbeiterwohlfahrt stand in der langen Tradition der solidarischen Hilfe innerhalb der Arbeiterbewegung. Neben der alltäglichen gegenseitigen Hilfe versuchte die Arbeiterschaft im 19. Jahrhundert sich über Unterstützungskassen, Gewerkschaften oder Hilfsvereinen Organisationen zu schaffen, um Notlagen auszugleichen und die Lebenssituation zu verbessern.

Die sozialdemokratische Arbeiterbewegung bemühte sich um Selbsthilfe, da ihr im Kaiserreich ein Obrigkeitsstaat ablehnend gegenüberstand, dessen Führungsschicht auf ihre Privilegien bedacht war, und die kapitalistische Wirtschaftsweise oftmals Not und Elend hervorrief. Auch die in dieser Zeit geschaffenen Sozialversicherungen konnten die Notlagen der Arbeiterklasse nicht beheben. Die kommunale Armenfürsorge war in liberalistischer Gesinnung ausgerichtet. Sie schob die Schuld an der Not den Betroffenen zu und verteilte ebenso wie kirchliche und private Hilfseinrichtungen bestenfalls freiwillige Almosen nach zumeist demütigender Bittstellung.

Schon vor dem Ersten Weltkrieg diskutierte man in der Sozialdemokratischen Partei, wie das Deutsche Reich in eine demokratische und sozialistische Gesellschaft gewandelt werden könnte. Sollte zum geeigneten Zeitpunkt das System geändert oder über Beteiligung und Mitarbeit im Laufe der Zeit reformiert werden? Die grundsätzliche Frage stellte sich auch in Bezug auf die Unterstützung von Notleidenden und sozial Schwächeren, insbesondere aus der Arbeiterschaft. Sollte dies von der Arbeiterbewegung intern beziehungsweise erst nach der Erlangung der Gestaltungsmacht geregelt werden oder sollten Sozialdemokraten im bestehenden System mitwirken und dabei über schrittweise Reformen die Lebensbedingungen und auch die Hilfsmaßnahmen verbessern?

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs spitzte sich diese Frage zu. Die Sozialdemokratie entschied sich dabei mehrheitlich für ein Mitwirken im Krieg und in der Kriegswirtschaft. Insbesondere Frauen aus der Sozialdemokratie erklärten sich bereit, an der Kriegswohlfahrtspflege mitzuwirken und Hilfsprogramme mitzuorganisieren. Die SPD erreichte dabei, dass kommunale und staatliche Kriegsunterstützungen, wenn auch im Umfang nicht ausreichend, prinzipiell von allen Betroffenen beansprucht werden konnten und nicht wie Almosen erbettelt werden mussten.

Die sozialdemokratischen Parteien erlangten durch die Revolution am Endes des Krieges eine politische Gestaltungsmacht. In Bayern allerdings nur in einem engen Zeitraum und begleitet von heftigen Konflikten innerhalb der Arbeiterbewegung. Nur wenige Vorstellungen der Arbeiterbewegung konnten in den Krisen nach dem verlorenen Krieg umgesetzt werden. Im Bereich der Wohlfahrtspflege wurde das System der Kriegsunterstützungen beendet. Die traditionelle Armenfürsorge lebte wieder auf, damit fiel der Anspruch auf Nothilfe durch die öffentliche Hand. Das Fürsorgerecht von 1924 bestätigte diese Praxis.