Wahrscheinlich schon 1920, sicher ab Februar 1921, bestand in der Augsburger Sozialdemokratie ein Ortsausschuss der Arbeiterwohlfahrt. Die anfängliche Bezeichnung lautete „Arbeiterwohlfahrtausschuss Augsburg“. Dieser Ausschuss war zunächst unmittelbar dem Berliner Hauptausschuss für Wohlfahrtspflege der SPD angegliedert.

Diese Ortsgruppe fand am 14. Februar 1921 im Zuge der „Auslandshilfe“ eine erstmalige öffentliche Erwähnung als Organisation der freien Wohlfahrtspflege. Die Auslandshilfe war zunächst in der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände Augsburgs – als ein örtliches Gremium des Deutschen Zentralausschusses für die Auslandshilfe in Berlin – organisiert und sollte die Verteilung ausländischer Hilfssendungen für Deutschland übernehmen. Diese Unterstützung sollte die Not der Bevölkerung in der krisenbehafteten Zeit nach dem Ersten Weltkrieg lindern.

Am 21. März 1922 fand die formelle Gründungsversammlung der Ortsgruppe Augsburg als eingetragener Verein statt. Eine Satzung wurde beschlossen und ein Vorstand gewählt. Nicht alle Gründungsmitglieder lassen sich ermitteln. Mit Sicherheit waren die drei Männer, die bereits 1921 öffentlich als örtliche Vertreter der Arbeiterwohlfahrt in Erscheinung getreten waren, in entscheidender Weise an der Gründung beteiligt: Reinhard Stier sowie die beiden Stadträte Johann Kaspar Martin Buchwieser und Johann Leonhard Albrecht. Gründungsmitglieder waren sicher Barbara Christina („Babette“) Zeeb, Berta Opolka und Katharina („Käthe“) Frickinger.

Außer im Rahmen des Wohlfahrtsausschusses arbeitete die Augsburger Ortsgruppe, vertreten durch Johann Buchwieser, bei der im Jahr 1923 eingerichteten „Augsburger Nothilfe“ – auch als „Augsburger Hilfswerk“ bezeichnet – mit anderen Wohlfahrtsverbänden zusammen. Das Hilfswerk verstand sich als „Arbeitsgemeinschaft aller Berufsstände“ mit der Aufgabe, durch Sammlungen und Erlöse von Veranstaltungen Hilfsbedürftigen in der Krise im Zuge der Inflation zu helfen. Vom Landesausschuss des Bayerischen Hilfswerks hatte Augsburg bereits im Januar 1923 einen Zuschuss von 4,5 Millionen RM überwiesen bekommen. Ein Drittel davon sollte den Wohlfahrtsverbänden zur Verfügung gestellt werden und die Arbeiterwohlfahrt wollte dabei mitwirken.

Neben der Mitarbeit im Rahmen von Hilfsprogrammen versuchte die Arbeiterwohlfahrt selbständig Sach- und Geldspenden an eigenen Sammelstellen in einzelnen Stadtbezirken bzw. SPD-Sektionen zu beschaffen.

 

Sammelbereich

Betreuerinnen und Betreuer
Lechhausen Elise Nusselt, Hans Braun
Pfersee Maria Moosreiner, Johann Georg Hofmann
Oberhausen Theodor Schwayer
Links und Rechts der Wertach Ackermann, Gustav Schultheis, Reinhard Stier, Max Mannhardt
Ostend Frieda Anna Raaf
Nordend Josef Obletshauser
Innere Stadt Julius Theisz, Leonhard Albrecht
Untere Stadt Franz Xaver Sennefelder

 

Die Augsburger Arbeiterwohlfahrt wählte im Frühjahr 1927 Johann Leonhard Albrecht als neuen Vereinsvorsitzenden. Am 16. November 1927 beschloss sie eine überarbeitete Satzung.

Im Jahr 1927 wurden der Arbeiterwohlfahrt erstmals städtische Mittel in Höhe von 51,70 RM für Kindererholungsmaßnahmen zugebilligt. Sie konnte daraufhin einige Kinder auf Erholung schicken. Da aber der Bedarf größer war, plante die Augsburger Arbeiterwohlfahrt schon zu dieser Zeit ein eigenes Landerholungsheim für geschwächte Arbeiterkinder zu errichten. Das Ziel stand im Einklang mit der auf der Landeskonferenz am 20. März 1927 vom 1. Vorsitzenden des Landesausschusses Bayern, Hubert Dolleschel, erhobenen Forderung nach eigenen Häusern. Der Landesverband und auch der Augsburger Ortsverein lehnten aufgrund der eigenen Planungen die Beteiligung an einer vom Hauptausschuss veranstalteten Lotterie vor allem zugunsten einer eigenen Schwesternschule der Arbeiterwohlfahrt in Berlin rigoros ab, da eine Schwesternschule in Norddeutschland für Bayern keine Bedeutung habe.

Clemens Högg
Clemens Högg

Am 2. Juni 1928 verstarb der Ortsvorsitzende Johann Leonhard Albrecht. Clemens Högg übernahm zuerst kommissarisch, dann gewählt, den Augsburger Vereinsvorsitz und auch den schwäbischen Bezirksvorsitz bis zur zwangsweisen Auflösung der Arbeiterwohlfahrt 1933. Clemens Högg war Landtagsabgeordneter und hauptamtlicher Sekretär der SPD für den Bezirk Schwaben. Ab 1928 befand sich sein Büro – und damit auch das der Arbeiterwohlfahrt – im 1928 fertiggestellten Gewerkschaftshaus in der Eisenhammerstraße 26 (heute: Heinrich-v.-Buz-Straße). Das „Volkshaus“ oder „Rotes Haus“ genannte Gebäude beherbergte Büros der Freien Gewerkschaften, der SPD und weiterer sozialdemokratischer Organisationen. Die sozialdemokratische "Schwäbische Volkszeitung" war satzungsgemäßes Publikationsorgan der Arbeiterwohlfahrt. Die Redaktion und Druckerei der Parteizeitung befanden sich in der Rosenaustraße 40.

Bei der Generalversammlung des Ortsvereins im März 1930 wurde der Vorstand wiedergewählt: Clemens Högg als Vorsitzender, Frau Babette Zeeb als seine Stellvertreterin, Reinhard Stier als Kassier und Anton Welz als Revisor. Der Verein hatte 272 Mitglieder: 241 natürliche und 31 juristische Personen.

Nachdem die SPD-Stadtratsfraktion 1930 mit ihrem Antrag, 20 Prozent der Diäten der Stadträte für Wohlfahrtszwecke abzuführen, gescheitert war, beschloss sie, von ihren eigenen Diäten einen Anteil in dieser Höhe der Arbeiterwohlfahrt zur Verfügung zu stellen. Auf dieser Grundlage gelang es dem Ortsverein noch im gleichen Jahr, einen lange gehegten Plan in die Wirklichkeit umzusetzen: Es war der Ankauf eines bäuerlichen Anwesens in Mickhausen, das geeignet war, nach einem Umbau als Kinderferienheim zu dienen.

Bei der Generalversammlung am 19. März 1931 wurde, unter Leitung der beiden Stadträte Otto Berger und Theodor Schwayer sowie Magnus Bunk, der Vorstand mit Clemens Högg, Schneider, Reinhard Stier, Anton Welz und den Frauen Babette Zeeb, Biber, Mathilde Berger (Ehefrau von Otto Berger), Kühne, Wiedemann und Berta Opalka einstimmig wiedergewählt.

In Augsburg waren in Folge der Weltwirtschaftskrise die Arbeitslosenzahlen von rund 10000 zu Beginn des Jahres 1929 auf über 19000 Anfang 1932 gestiegen; davon waren es Anfang 1929 rund 1000 Langzeitarbeitslose, deren Zahl sich Anfang 1932 auf knapp 10000 erhöht hatte. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Schwerpunkt der Hilfsmaßnahmen sog. „ausgesteuerte Erwerbslose“, d.h. auf öffentliche Wohlfahrtshilfe angewiesene Arbeitslose, Kranke und andere Fürsorgebedürftige waren.

Die Nationalsozialisten zerschlugen auch in Augsburg alle Organisationen der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung bzw. übernahmen sie, um sie in ihrem Sinne fortzuführen. Das betraf auch den Ortsverein der Augsburger Arbeiterwohlfahrt. Die Einrichtungen wie das Kinderferienheim in Mickhausen und das Vermögen wurden enteignet. Im Rahmen der Zerschlagung der Arbeiterbewegung wurden ab März 1933 auch Funktionäre der Arbeiterwohlfahrt verhaftet. Unter den in Schutzhaft genommenen und öffentlich an den Pranger gestellten Sozialdemokraten waren Valentin Baur, Otto Berger, Clemens Högg, Franz Xaver Sennefelder und Karl Wernthaler. Johann Buchwieser, Oberaufseher des Obdachlosenasyls und Geschäftsführer des städtischen Holzhofs, wurde nicht nur verhaftet, sondern aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ zudem aus dem städtischen Dienst entlassen.