Marie Juchacz

Geb. am 15. 3.1879 in Landsberg an der Warthe, gest. am 28.1.1956 in Düsseldorf.

Die älteste Tochter eines verarmten Zimmerermeisters arbeitete nach der Volksschule als Dienstmädchen, Fabrikarbeiterin, Krankenwärterin und Schneiderin. Sie ging 1906 mit ihrer Schwester Elisabeth nach Berlin, wo beide Frauen nach kurzen gescheiterten Ehen gemeinsam mit ihren drei Kindern eine Lebensgemeinschaft gründeten, die bis zum Tod von Elisabeth Kirschmann-Roehl 1930 hielt. Seit 1905 in der SPD aktiv, war Juchacz 1907/08 Vorsitzende des Schöneberger Frauen- und Mädchenbildungsvereins. Nachdem 1908 Frauen die offene Mitarbeit in Parteien erlaubt worden war, wurde sie Mitglied verschiedener Berliner Gremien und Vorstände in der SPD und widmete sich besonders der Frauenagitation.

1913 bis 1917 trieb sie als Frauensekretärin im SPD-Bezirk Obere Rheinprovinz die Agitation in diesem vom Katholizismus geprägten Gebiet voran und arbeitete nach Kriegsbeginn mit dem Nationalen Frauendienst zusammen. Journalistisch tätig war sie bei sozialdemokratischen Tageszeitungen und verantwortlich für die Schriftleitung der "Gleichheit". 1917 bis 1933 Mitglied des SPD-Parteivorstandes, 1919 bis 1933 der Nationalversammlung und des Reichstags, erwarb sich Juchacz große Verdienste vor allem als Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, die 1919 auf ihre Initiative hin gegründet worden war. Juchacz war die erste Frau, der in einem Parlament das Wort erteilt wurde; doch trat sie als Parlamentarierin wenig hervor. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit lag in praktisch organisatorischer Tätigkeit für die Anerkennung der Gleichberechtigung der Frau sowie die Linderung der Not der Arbeiterfamilien. 1933 ging Juchacz mit ihrem Schwager E. Kirschmann zunächst nach Saarbrücken, wo sie ein Café führte, das ein Emigrantentreffpunkt wurde. 1935 flüchtete sie nach Frankreich, 1940 nach New York. Nachdem sie mit der Gruppe Neu Beginnen zusammengearbeitet hatte, nahm sie erst bei Kriegsende wieder Kontakt mit dem Parteivorstand der SPD auf. Sie koordinierte von New York aus Lebensmittel- und Kleidungsspenden für Deutschland. Marie Juchacz kehrte 1949 aus dem Exil zurück und wurde Ehrenvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt. In die aktive Politik griff sie nicht mehr ein.

Text in Anlehnung an:
Christl Wickert, Juchacz, Marie, in: Lexikon des Sozialismus, hg. von Thomas Meyer, Karl-Heinz Klär, Susanne Miller, Klaus Novy und Heinz Timmermann, Köln 1986, S.279.